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Kündigung wegen Äußerung auf privatem Facebook-Account?

Das unbedachte Äußerungen am Arbeitsplatz einen Kündigungsgrund darstellen können, ist nicht ungewöhnlich und kommt regelmäßig vor. Fraglicher ist schon, wie es mit Äußerungen im privaten Umfeld ist. Denn was Arbeitnehmer in ihrer Freizeit machen, geht den Arbeitgeber grundsätzlich nichts an.

Das Arbeitsgericht Mannheim hat im Rahmen einer jüngsten Entscheidung allerdings festgestellt, dass Äußerungen eines Arbeitnehmers auf seinem privaten Facebook-Nutzerkonto, die einen rassistischen und menschenverachtenden Inhalt haben, jedenfalls dann eine außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers rechtfertigen können, wenn sich aus dem Facebook-Nutzerkonto ergibt, dass der Arbeitnehmer bei dem Arbeitgeber beschäftigt ist und die Äußerung ruf- und geschäftsschädigend sein kann (Urteil vom 19.2.2016 – 6 Ca 190/15).

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein verheirateter und gegenüber zwei Kindern unterhaltsverpflichteter Arbeitnehmer (AN) war seit dem 1.2.2001 bei der Deutschen Bahn bzw. einer Tochtergesellschaft, zuletzt als Triebfahrzeugführer, beschäftigt. Der AN hatte von sich ein Bild in Arbeitskleidung auf sein Facebook-Nutzerkonto gestellt und auch angegeben, wo er arbeitet. Das Konto wurde unter einem Synonym geführt. Weiter hatte der AN auf seinem Facebook Account ein Bild geteilt, dass das Eingangstor des Konzentrationslagers Auschwitz mit der Tor-Überschrift „Arbeit macht frei“ zeigt. Im unteren Bereich des Bildes befindet sich ein Text auf Polnisch. Unterhalb des Bildes befindet sich ebenfalls polnischer Text. Auf Nachfrage eines anderen Facebook-Nutzers übersetzte der Kläger den Text auf dem Bild mit „Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“.

Aufgrund von internen Beschwerden konnte der Arbeitgeber den Facebook-Account dem AN zuordnen. Nachdem der AN von seinem Arbeitgeber aufgefordert wurde, hierzu Stellung zu nehmen, löschte er das Foto sofort von seinem Account und entschuldigte sich „für diese unüberlegte und dumme Tat von Herzen“. weiter erklärte er, solche geschmacklosen Sachen nie wieder weiterzuleiten. Das fragliche Bild, mit dem der AN sein Foto geteilt hatte, war ursprünglich in einer polnischen Satire-Zeitung veröffentlicht und auf Facebook verbreitet worden. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und hilfsweise ordentlich, weil der Kläger mit dem Bild eine Parallele zur nationalsozialistischen Propaganda gezogen und die Auffassung vertreten habe, dass die Flüchtlinge das gleiche Schicksal erleiden sollten, wie die Opfer des Nationalsozialismus, die im Konzentrationslager Auschwitz umgebracht worden seien. Solche rassistischen und menschenverachtenden Äußerungen seien nicht hinnehmbar und stellten eine schwere Pflichtverletzung dar, die geeignet sei, den Betriebsfrieden zu gefährden.

Das Arbeitsgericht Mannheim hat sowohl die außerordentliche als auch die ordentliche Kündigung für unwirksam erklärt.Bei dem Foto nebst Textaufschrift handelt es sich um ein Werturteil, das in den Schutzbereich des Rechts auf freie Meinungsfreiheit fällt. Das Grundrecht aus Art. 5 I GG ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet. In der Veröffentlichung des Bildes sieht das Gericht eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtpflicht nach § 241 II BGB . Bei Betrachten des Fotos samt Text drängt sich die Aussage auf, dass Flüchtlinge in ein „Arbeitslager“ gebracht werden und dort möglicherweise auch nicht mehr lebend herauskommen sollen. Das Arbeitsgericht stellt fest, dass allein die vom geschichtlichen Kontext losgelöste Verwendung des Satzes „Arbeit macht frei“ in Deutschland tabuüberschreitend ist.

Es handelt sich auch nicht um eine Äußerung im rein privaten Bereich, da der AN ein Foto in Dienstkleidung vor einem Triebwagen des Arbeitgebers eingestellt hat. Die Herstellung dieses Zusammenhangs kann sich für den Arbeitgeber als äußerst ruf- und geschäftsschädigend erweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage gleichwohl stattgegeben, weil im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung dem Interesse des AN an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Interesse der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Vorrang einzuräumen war. Hierbei hat die Kammer die 14-jährige Betriebszugehörigkeit des Klägers sowie den Umstand berücksichtigt, dass er das Foto sofort gelöscht und sich für sein Verhalten entschuldigt hat. Das Arbeitsgericht geht nicht davon aus, dass der AN die Absicht hatte, den Arbeitgeber durch sein Verhalten zu schädigen.

Meines Erachtens dürfte bei dem für den Arbeitnehmer positiven Urteil entscheidend gewesen sein, dass das Bild sofort gelöscht wurde und der AN sich entschuldigt hat.

Der AN hatte dem Arbeitgeber nach der Aufforderung zur Stellungnahme mitgeteilt, dass er sich rechtliche beraten lassen möchte. Diese Beratung war sinnvoll und dürfte dem AN seinen Arbeitsplatz gerettet haben.


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